Multisensorische Installation
Unter Brücken, in Nischen und entlang der Autobahn – an den Unorten der Stadt Paris – hausen rund 3000 bis 4000 gestrandete Flüchtlinge aus aller Welt. Unwürdig, menschenverachtend und beklemmend.
«New Dream – Eine dunkle Reise» ist eine begehbare, multisensorische Installation. Es wird ein Flüchtlings-Camp nachgebaut, so wie es in Paris vielerorts anzutreffen ist.
Strassenlärm, Gestank und Wind machen für die BesucherInnen das Gefühl erlebbar, sich an einem dieser finsteren Orte zu befinden.
Teil der Installation sind die Fotografien des Baselbieter Fotografen Joel Sames. Die O-Ton-Audio-Installation wird von Tontechniker Christof Stürchler realisiert.
Die Ausstellung war während der Lichtblicke Kulturnacht Liestal 2019 zu sehen und es wurden Führungen mit Vorträgen, Aufgaben und Diskussionsrunden für Schulklassen angeboten. «Wir wollen nicht nur auf die Situation von Geflüchteten in Europa aufmerksam machen, sondern Kindern und Jugendlichen auch aufzeigen, dass jeder in der Lage ist, mit Eigeninitiative und freiwilligem Engagement seine Umwelt aktiv mitzugestalten», sagt Sames.
Ausstellung
Ein informelles Flüchtlings-Camp, so wie es in Paris anzutreffen ist, wird nachgebaut.
In einem heruntergekommenen Raum mit niedriger Decke im ehemaligen Ziegelhofareal werden Zelte, Blachen und andere provisorische Behausungen aufgestellt. Eine quadrophonische Audio-Installation spielt für einen solchen Ort typische Geräusche ab: Strassenlärm, Gerede von Menschen, Sirenen, das Fiepsen der Ratten, mal Geschrei oder auch das Singen heimatlicher Lieder einer Gruppe Flüchtlinge. Wind lässt die Zeltplanen flattern und es reicht nach Abfall, verbranntem Plastik und Exkrementen.
Die Stimmung ist düster und beklemmend. Lichtquellen imitieren Lagerfeuer und lassen menschliche Silhouetten in den Zelten erkennen.
Die BesucherInnen finden sich mit Hilfe ihrer Handy-Taschenlampen zurecht und können so auch die ausgestellten Fotografien betrachten.
Führungen für Schulklassen
Mitglieder des Projekts Rastplatz führen durch die Ausstellung und erzählen von ihren Erlebnissen und Erfahrungen aus den Hilfseinsätzen. Eine offene Gesprächsrunde bietet Raum für Fragen und Diskussionen.
Fotografien
Die Ausstellung wird ergänzt durch Bilder des Baselbieter Fotografen Joel Sames. In der Bildserie «Nuits blanches» begleitet man ihn auf seinen nächtlichen Streifzügen durch Paris an die Unorte des Elends, wo Flüchtlinge aus aller Welt gestrandet sind. Die Szenerien im diffusen Licht der Nacht, das Wechselspiel zwischen Nähe und Distanz verweisen auf die Gegensätzlichkeit von persönlichem Engagement und Empathie und der Gleichgültigkeit der breiten Öffentlichkeit. «Wahrend die Stadt schläft und sich die Flüchtlinge einen Platz zum Übernachten suchen, bewegen wir uns möglichst unbemerkt durch die Nacht. Wir spüren sie auf an den Unorten der sonst so belebten Metropole. Jede Nacht in der Endlosschleife, im Parallel-Universum, in einer Realität die sich ausschliesslich uns offenbart.» Und so verweisen die Bilder aus dieser schattenreichen Zwischenwelt auch auf eine grundsätzliche Ambivalenz der fotografischen Position. Was ist „einfach“ Beobachtung, wo wird Teilnahme sichtbar?
Hintergrund
In Paris leben etwa 3000 bis 4000 Geflüchtete in den Strassen. Schutzlos sind sie Kälte, Regen und den Gefahren der Strasse ausgesetzt. Regelmässig werden sie von der Polizei vertrieben, die ihre wenigen Habseligkeiten oft zerstört und entsorgt.
Europa erlebt die grösste Migrationsbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg. Das Ausmass der Tragödie und der Mangel an internationaler Hilfe, lassen eine neue Art von humanitärer Bürgerbewegung entstehen. Bestehend aus zivilen Initiativen, kleinen Organisationen und Einzelpersonen, leisten die Helfer*innen, meist ungeachtet der Öffentlichkeit, einen immensen Anteil der dringenden Nothilfe – dort wo die Staaten und grossen Organisationen zu versagen scheinen.
Rastplatz
Seit 2015 kocht die die mobile Küche von Rastplatz warme Mahlzeiten und verteilt Hilfsgüter für in Not geratene Menschen auf der Flucht. Zuerst war das Team im Balkan unterwegs, danach haben sie die Küche im sogenannten Jungle von Dunkerque bis zu dessen Schliessung betrieben. Seit 2016 ist Rastplatz regelmässig in den Strassen von Paris, kocht für und mit den Geflüchteten und verteilt Schlafsäcke, Decken und Zelte. Das Einsätze der Gruppe aus der Region Basel werden ehrenamtlich geleistet.
www.rast-platz.ch